Wachsende Ängste vor Erdbeben sorgen für Unsicherheit bei Reisenden nach Japan. Hintergrund sind populäre Prophezeiungen aus Mangas und Aussagen von Wahrsagern, die derzeit in sozialen Netzwerken kursieren. Die japanische Regierung reagiert mit Aufklärung, um den drohenden Imageschaden für den Tourismus zu begrenzen. Erste Auswirkungen zeigen sich bereits.
Inhaltsverzeichnis:
- Ryo Tatsuki und das Manga „Die Zukunft, die ich sah“
- Wahrsager und Feng-Shui-Meister verstärken die Angst
- Rückgang der Buchungen aus China und Hongkong
- Regierung reagiert mit Aufklärung
Ryo Tatsuki und das Manga „Die Zukunft, die ich sah“
Im Zentrum der aktuellen Diskussion steht das Werk der japanischen Künstlerin Ryo Tatsuki. Ihr Manga „Die Zukunft, die ich sah“ aus dem Jahr 1999 enthält eine Vorhersage über ein verheerendes Erdbeben im März 2011. Damals erschütterte das Tohoku-Beben den Nordosten Japans, gefolgt von einem Tsunami und der Nuklearkatastrophe von Fukushima. Diese scheinbar zutreffende Vorhersage machte Tatsuki in Japan und in Teilen Ostasiens bekannt.
In einer erweiterten Ausgabe ihres Mangas, die 2021 erschien, warnte Tatsuki erneut – diesmal vor einem Beben am 5. Juli 2025. Die darin beschriebene Naturkatastrophe soll dreimal so hohe Flutwellen wie 2011 verursachen. Diese Warnung hat besonders in sozialen Medien in China und Thailand eine große Verbreitung gefunden.
Wahrsager und Feng-Shui-Meister verstärken die Angst
Neben dem Manga verbreiten auch Wahrsager und sogenannte Feng-Shui-Meister Warnungen. Ein japanischer Hellseher kündigte etwa ein Beben am 26. April in der dicht besiedelten Tokio-Bucht an. Obwohl das Datum ohne Zwischenfälle verstrich, wurde die Behauptung millionenfach in chinesischen Medien geteilt. Qi Xian Yu, auch bekannt als „Meister Sieben“, riet sogar generell davon ab, Japan ab April 2025 zu bereisen.
Besonders in sozialen Netzwerken wie TikTok und Facebook nehmen die Warnungen zu. Zahlreiche Beiträge raten zur Vorsicht oder warnen vor Reisen nach Japan. Die Informationen verbreiten sich schnell, vor allem in Thailand, Vietnam, Hongkong und auf dem chinesischen Festland.
Rückgang der Buchungen aus China und Hongkong
Die Tourismusbranche spürt bereits die Folgen. Reiseveranstalter melden einen deutlichen Rückgang an Buchungen aus China und Hongkong, beides wichtige Quellmärkte für Japans Tourismus. Auch aus Südostasien wird Zurückhaltung beobachtet. Die Angst vor Naturkatastrophen hat zu einer merklichen Unsicherheit bei Urlaubern geführt. Trotz dieser Entwicklung meldete die japanische Tourismusbehörde ein Besucherrekord im ersten Quartal 2025:
- 10,5 Millionen Reisende insgesamt
- 2,36 Millionen aus China
- 647.600 aus Hongkong
Aus Nordamerika und Australien bleibt die Nachfrage unverändert hoch.
Regierung reagiert mit Aufklärung
Die japanische Regierung widerspricht den kursierenden Gerüchten. Anfang Mai veröffentlichte das Kabinettsbüro auf der Plattform X eine Klarstellung. Darin heißt es, dass Erdbeben „aus heutiger wissenschaftlicher Sicht“ nicht präzise vorhergesagt werden können. Auch Yoshihiro Murai, Gouverneur der Präfektur Miyagi, kritisierte die Verbreitung „unwissenschaftlicher Informationen“, die wirtschaftlichen Schaden verursachen würden.
Experten betonen, dass Japan gut vorbereitet sei. Die Gebäude gelten als erdbebensicher. Das Katastrophenmanagement ist landesweit etabliert. Laut Regierung beträgt die Wahrscheinlichkeit eines großen Bebens im südlichen Nankai-Graben innerhalb der nächsten 30 Jahre etwa 80 Prozent – ein langfristiger Wert, keine zeitlich konkrete Warnung.
Auch wenn die Warnungen keine wissenschaftliche Grundlage haben, zeigen sie Wirkung. Die Regierung sieht sich gezwungen, faktenbasierte Aufklärung gegen Gerüchte und Falschinformationen zu stellen – ein Wettlauf gegen die Dynamik sozialer Medien.
Quelle: Berliner Morgenpost