Japan steht vor einer tiefgreifenden Herausforderung im Tourismussektor. Ein Bericht des Weltrates für Reisen und Tourismus zeigt, dass das Land bis 2035 weltweit am stärksten vom Arbeitskräftemangel betroffen sein wird. Schätzungen zufolge könnten fast ein Drittel aller benötigten Beschäftigten fehlen. Diese Entwicklung ist besonders kritisch, da Japan bis 2030 rund 60 Millionen ausländische Gäste jährlich anziehen will.
- Laut Daten des Weltrates wird der globale Mangel rund 43,1 Millionen Arbeitskräfte betreffen.
- In Japan droht ein Defizit von 29 Prozent der Arbeitskräfte.
- Der Tourismus sichert mehr als 5 Millionen Arbeitsplätze und trägt rund 7 Prozent zur Wirtschaftsleistung bei.
Inhaltsverzeichnis:
- Japan verliert bis 2035 fast ein Drittel seiner Tourismuskraft
- Strategien der Regierung gegen Personalmangel
- Unterschiedliche Lage zwischen Städten und ländlichen Gebieten
- Automatisierung und Gewerkschaften als zentrale Akteure
- Folgen für Japans Tourismusstrategie
Japan verliert bis 2035 fast ein Drittel seiner Tourismuskraft
Der Bericht „Zukunft der Arbeitskräfte im Reise- und Tourismussektor“, erstellt in Zusammenarbeit mit der Polytechnischen Universität Hongkong, verdeutlicht das Ausmaß des Problems. Japan steht mit einem erwarteten Defizit von 29 Prozent noch schlechter da als Griechenland (27 Prozent) und Deutschland (26 Prozent). Das Land, das stark auf Servicequalität und persönliche Betreuung setzt, läuft Gefahr, sowohl an Kapazität als auch an internationalem Ansehen zu verlieren.
Viele Betriebe melden bereits heute gravierende Personalengpässe. Hotels, Restaurants und Reiseveranstalter müssen ihr Angebot reduzieren. Besonders betroffen sind ländliche Regionen, in denen der Tourismus eine Hauptquelle des Einkommens darstellt. Dort führen Abwanderung und Fachkräftemangel zu Schließungen kleiner Hotels und Gasthäuser.
Die COVID-19-Pandemie verstärkte diesen Trend erheblich. Zahlreiche Fachkräfte verließen die Branche dauerhaft, insbesondere im mittleren Management. Laut Weltrat ist die Rückgewinnung dieser Beschäftigten entscheidend, um langfristig Stabilität zu gewährleisten.
Strategien der Regierung gegen Personalmangel
Die japanische Regierung versucht, mit mehreren Maßnahmen gegenzusteuern. Zu den wichtigsten gehören:
- Förderung der Automatisierung in Hotels und Gaststätten.
- Erweiterung der Visa-Programme für ausländische Fachkräfte im Rahmen des Programms „Spezialisierte Arbeitskräfte“.
- Einführung von Anreizen für Unternehmen, die in Ausbildung und Umschulung investieren.
Trotz dieser Strategien bleibt die Lücke groß. Viele Betriebe verkürzen Öffnungszeiten oder bieten nur eingeschränkte Dienstleistungen an. In den letzten fünf Jahren hat sich die Zahl ausländischer Beschäftigter im Tourismussektor zwar verdoppelt, doch ihr Anteil liegt weiterhin unter 10 Prozent.
Das Asien-Pazifik-Forschungsinstitut warnt, dass die Zahl der Arbeitskräfte in Unterkunft und Gastronomie bis 2030 um 1,9 Prozent sinken könnte, während die Nachfrage im gleichen Zeitraum um 15,6 Prozent wächst. Ohne gezielte Gegenmaßnahmen droht der Tourismusmarkt zu überhitzen.
Unterschiedliche Lage zwischen Städten und ländlichen Gebieten
In Großstädten wie Tokio und Osaka gelingt es vielen Betrieben besser, Personal zu halten. Gründe sind höhere Löhne, bessere Infrastruktur und attraktivere Arbeitsbedingungen. Auf dem Land hingegen verschärfen Abwanderung und der Mangel an Ausbildungsmöglichkeiten die Lage. Viele kleine Hotels kämpfen ums Überleben, weil sie keine Fachkräfte finden.
Zudem verstärkt die alternde Bevölkerung die Problematik. In der Hotellerie und Gastronomie liegt der Anteil älterer Beschäftigter deutlich über dem Durchschnitt anderer Branchen. Junge Menschen meiden zunehmend diese Berufsfelder, die als anstrengend und schlecht bezahlt gelten.
Automatisierung und Gewerkschaften als zentrale Akteure
Große Hotelketten setzen zunehmend auf Serviceroboter, digitale Check-ins und Systeme mit künstlicher Intelligenz. Diese Technologien übernehmen Routineaufgaben und entlasten das Personal. Branchenverbände sehen darin eine sinnvolle Zwischenlösung, warnen jedoch vor einem Verlust des persönlichen Gästekontakts, der das japanische Serviceniveau prägt.
Die Gewerkschaft der japanischen Dienstleistungs- und Tourismusbeschäftigten fordert seit Jahren bessere Löhne, längere Vertragslaufzeiten und mehr Sicherheit. Sie warnt vor Überstunden und hoher Fluktuation, die den Fachkräftemangel zusätzlich verschärfen.
Im Parlament werden derzeit Programme zur Förderung von Ausbildung und Umschulung diskutiert. Außerdem prüft die Regierung zusätzliche Zuschüsse für Unternehmen, die neue Arbeitsmodelle umsetzen oder gezielt in Weiterbildung investieren.
Folgen für Japans Tourismusstrategie
Im August 2025 erreichte Japan mit 3,43 Millionen ausländischen Besuchern einen neuen Rekord. Das entspricht einem Anstieg um 16,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Gleichzeitig meldeten 85 Prozent der Betriebe verkürzte Öffnungszeiten aufgrund fehlender Mitarbeiter.
Das Ziel von 60 Millionen Besuchern pro Jahr bis 2030 ist dadurch ernsthaft gefährdet. Ohne tiefgreifende Reformen, bessere Arbeitsbedingungen und gezielte Förderung von Fachkräften könnte der japanische Tourismus langfristig an Qualität und Stabilität verlieren.
Japan steht somit an einem entscheidenden Punkt. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob das Land den Balanceakt zwischen technologischem Fortschritt und menschlicher Betreuung im Tourismussektor meistern kann.
Quelle: Sumikai, YouTube