Ein seltenes Werk des berühmten Geographen Ferdinand von Richthofen rückt ins Rampenlicht: Seine fast vergessenen »Tagebücher aus Japan«. Am 17. Juni 2025 wird Dr. Matthias Koch im Japanisch-Deutschen Zentrum Berlin einen Vortrag über die geplante Neuausgabe halten. Die Veranstaltung verspricht spannende Einblicke in Richthofens Reisejahre 1860/61 und 1870/71 sowie Hintergründe zur preußischen Ostasienexpedition. Die Tagebücher bieten eine unmittelbare, detaillierte und kritische Beobachtung eines fremden Landes – aus der Sicht eines westlichen Geologen des 19. Jahrhunderts.
Inhaltsverzeichnis:
- Ferdinand von Richthofen und die preußische Ostasienexpedition
- Die Tagebücher aus Japan
- Matthias Kochs Editionsprojekt mit Glossar und Index
Ferdinand von Richthofen und die preußische Ostasienexpedition
Ferdinand von Richthofen (1833–1905) war als Geologe Teil der preußischen Ostasienexpedition zwischen 1859 und 1862. Die Reise fand im Kontext wachsender globaler Machtansprüche Preußens statt. Ziel war es, Handelswege zu sichern und Einfluss in Asien auszubauen. Richthofen erlebte diese Expedition als junger Wissenschaftler und Neffe eines höheren Beamten. Seine Beobachtungen aus Japan dokumentierte er sorgfältig, doch nur wenige Exemplare seiner Aufzeichnungen überlebten.
Während Werke wie »China. Ergebnisse eigener Reisen« oder »Tagebücher aus China« weit verbreitet sind, blieben seine Schriften über Japan nahezu unbekannt. Die 1912 veröffentlichten »Tagebücher aus Japan« sind heute kaum zugänglich – weder in Bibliotheken noch digital. Damit gehört das Werk zu den seltensten Dokumenten deutscher Asienforschung.
Die Tagebücher aus Japan
Richthofen notierte akribisch, was er sah, hörte und analysierte. In seinen Einträgen finden sich:
- Soziale und kulturelle Eindrücke aus Städten wie Nagasaki und Edo
- Einschätzungen zur Geologie Japans – oft kritisch und pointiert
- Beobachtungen zur Sexualmoral und dem öffentlichen Leben
- Kommentare zu westlichen Einflüssen und japanischer Politik
Ein Zitat vom 22. Oktober 1860 beschreibt seine Verwunderung über die Offenheit im japanischen Rotlichtmilieu, das er mit europäischen Städten verglich. Gleichzeitig betonte er in einem Eintrag vom Januar 1861, dass die japanische Gesellschaft kaum geologische Kenntnisse habe. Diese Dokumente zeigen ein komplexes Bild: wissenschaftlich fundiert, aber geprägt vom kolonialen Blick jener Zeit.
Matthias Kochs Editionsprojekt mit Glossar und Index
Dr. Matthias Koch plant, die »Tagebücher aus Japan« umfassend neu herauszugeben. Die Edition soll mit erläuternden Fußnoten, einem Glossar unbekannter Begriffe sowie einem Gesamtindex versehen sein. Ziel ist eine bessere wissenschaftliche Einordnung und breitere Zugänglichkeit des Werks. Koch sieht darin ein wertvolles Puzzlestück für die Ostasienforschung und die Kolonialgeschichte Deutschlands vor 1884.
Der Vortrag am 17. Juni 2025 in Berlin ist als Vorschau auf das geplante Buch gedacht, das möglicherweise noch im selben Jahr erscheint. Besucher erwartet eine Einführung in Richthofens Weltbild, seine Reisebedingungen und die Bedeutung seines Werkes für das Verständnis deutsch-japanischer Beziehungen im 19. Jahrhundert.
Quelle: Deutsch-Japanische Gesselschaft Berlin